Smart Transportation

Von Dr. Wolfgang Keplinger, ROI Management Consulting AG

Mit der kontinuierlichen Verbesserung der Dieseltechnologie als der weltweit wichtigsten Antriebstechnologie für Lkw sanken zwar die Emissionen pro gefahrenem Kilometer in den letzten Jahren deutlich – aber eine nicht praxisrelevante Festlegung der gesetzlichen Abgastests ließ Lücken für Manipulationen oder geschickte Gesetzesauslegung durch die Hersteller. Außerdem konnten die erzielten Verbesserungen nicht den Effekt des ständig wachsenden Verkehrs ausgleichen, trotz der heute im Speditionsbereich fast flächendeckend eingesetzten Routenoptimierungsprogramme. 

Mit ihrem Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen haben die USA den Weg zu einer grünen Transportlogistik verlassen und dadurch eine rückwärtsgewandte Entwicklung zum Verbrauch fossiler Brennstoffe auch in anderen Nationen gestärkt. Aber nur wenn die Staatsregierungen die im Abkommen festgelegten Umweltziele ernst nehmen und der gesetzliche Spielrahmen für Transporte und die Logistik deutlich verengt wird, ist der nächste Schub in Richtung einer wirklich grünen Transportlogistik zu erwarten. Positiv ist allerdings, dass die dafür notwendigen Technologien bzw. Lösungen bereits vorhanden sind oder es in naher Zukunft sein werden. Zu den aktuell wichtigsten Hoffnungsträgern einer grünen Transportlogistik zählen:

E-Transporter im urbanen Raum

Vorreiter im Bereich der kleinen Lkw bzw. Transporter ist in Deutschland DHL mit dem vollelektrischen StreetScooter. Entstanden im Jahr 2010 aus einer Forschungsinitiative der RWTH Aachen, fertigen seit 2014 ca. 100 Mitarbeiter des mittlerweile zu DHL gehörenden Unternehmens dieses städtische Lieferfahrzeug. 2016 wurde das 1.000ste Fahrzeug produziert, nun sollen jährlich 10.000 die Fertigungsstraße verlassen – u. a. mit dem Ziel, den Gesamtbestand von ca. 70.000 DHL-Auslieferfahrzeugen zu elektrifizieren. Zudem gibt es bereits externe Interessenten für den StreetScooter, wie Stadtverwaltungen, Händler oder Handwerker.

Daimler hat mit dem Fuso Canter E-Cell seit 2014 einen leichten vollelektrischen Lkw im Alltagseinsatz, der als Fuso eCanter im Jahr 2017 in Kleinserienproduktion gegangen ist. Zudem präsentierte Mercedes-Benz den ersten vollelektrischen Lkw für den städtischen schweren Verteilerverkehr bis 26 Tonnen und mit einer Reichweite von bis zu 200 Kilometern. Dieser Lkw geht noch im laufenden Jahr in den Alltags-Testbetrieb, die Produktion könnte 2019/2020 starten. Auch MAN testet seit Ende 2017 ein E-Truck-Konzeptfahrzeug für den Alltag im mittleren und schweren städtischen Verteilerverkehr.

Die Vorteile dieser E-Lkw liegen auf der Hand: Sie erfüllen die bald schärfer werdenden städtischen Anforderungen an emissionsfreies Fahren und ermöglichen nächtliche Zustellungen im urbanen Raum. Mit der steigenden Kapazität der neuen Batteriegenerationen sowie ihrem kontinuierlichen Gefälle bei den Herstellungskosten könnten die Kosten für die Fahrzeuge bald mit denen der heutigen Dieseltechnologie vergleichbar sein. Natürlich sollte dann noch im besten Fall ihr Antriebsstrom aus emissionsfreier Windkraft bzw. Sonnenenergie/Fotovoltaik stammen.

Eines der größten Transportprobleme auf dem Weg zum reduzierten CO2-Ausstoß sind die ungenutzten, aber bewegten Frachträume.
 

Platooning: sensorbasierte Steuerung von Lkw-Kolonnen

Auch wenn im Langstreckenverkehr und im Bereich der schweren Lkw von 26 bis 40 Tonnen der Technologiesprung zum reinen Batteriebetrieb noch nicht möglich ist, gibt es hier dennoch interessante technologische Neuerungen, insbesondere bei der elektronischen, WLAN-sensorbasierten Steuerung von Lkw-Kolonnen. Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) wies in einer Studie nach, dass eng hintereinanderfahrende Lkw aufgrund des geringeren Luftwiderstands bis zu 20 % weniger Diesel verbrauchen und nur ca. die Hälfte der Autobahnfläche als im Normalbetrieb. Durch die kurze Reaktionszeit der Steuerung lassen sich notwendige Bremsvorgänge in nur 0,1 Sekunden auslösen, was extrem kurze Fahrzeugabstände von nur 10 bis 15 Metern (weniger als die Länge eines Lkw mit Trailer) ermöglicht. Volvo und Daimler haben ihre ersten Platooning-Versuche 2016 und 2017 durchgeführt. DB Schenker und MAN wollen noch 2018 einen größeren Platooning-Praxistest im vernetzten Lkw-Kolonnenbetrieb durchführen.

Verbesserte Frachtraumnutzung durch Big/Smart Data Analytics

Eines der größten Transportprobleme auf dem Weg zum reduzierten CO2-Ausstoß sind die ungenutzten, aber bewegten Frachträume. Natürlich lässt sich bei ständigen Forderungen nach noch schnelleren Lieferzeiten nicht gleichzeitig das genutzte Frachtraumvolumen optimieren und verbessern. Aber vor allem Big Data Analytics kann dabei helfen, noch nicht realisierte, aber antizipierbare Bedarfe früher planbar und so mit laufenden Transporten kombinierbar zu machen und das vorhandene Angebot von Laderaum mit dem Bedarf kurzfristiger zusammenzubringen. 

Eine faszinierende Idee mit der Vision einer ganzheitlichen Lösung für die Logistik hat die Schweizer Cargo Sous Terrain AG entwickelt. Dabei ermöglicht ein automatisiertes Logistiksystem einen unterirdischen Transport von Paletten und Behältern. Tunnel verbinden Produktions- und Logistikstandorte mit Ballungsräumen. In der Stadt werden die Güter von CST effizient und ökologisch nachhaltig verteilt. Die Idee hat bereits zahlreiche Unterstützer aus Industrie und Kommunalwirtschaft gefunden und zeigt, dass unternehmensübergreifende, sich am Plattform-Gedanken orientierende Ansätze wirklich substanzielle Verbesserungen in der Logistik erzielen können.