VALUE & COST ENGINEERING

SURVIVAL OF THE FITTEST

Kaum etwas gefährdet den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens so unmittelbar wie Produkte, deren Kostenstruktur nicht den Marktanforderungen entspricht. Angesichts kürzer werdender Produktzyklen und globaler Preiswettbewerbe steigt daher der Druck auf Unternehmen, ihre Herstell- und Produktkosten laufend zu optimieren. Value & Cost Engineering liefert dafür den idealen Ansatz.

Ein moderner Mythos besagt, dass die NASA für ihre bemannten Raumfahrtmissionen einen speziellen „Space-Pen“ im Wert von mehreren Millionen Dollar entwickeln ließ, da herkömmliche Kugelschreiber in der Schwerelosigkeit nicht funktionierten. Seine Mine bestand aus einer unter Druck stehenden Gaspatrone, in deren Innerem ein kleiner Metallzylinder auf die Spezialtinte drückte. Die russischen Kosmonauten hingegen lösten das Problem auf ihre Weise – indem sie Bleistifte benutzten.

Auch wenn sich die Geschichte später als Erfindung der Medien herausstellte, macht sie deutlich, dass ein hoher Innovationsgrad alleine nicht immer entscheidend für den Erfolg von Produkten ist. Vielmehr müssen sie zwar notwendige Kundenbedürfnisse erfüllen, dürfen aber gleichzeitig nicht mit kostentreibenden, überflüssigen Funktionen ausgestattet sein, die vom Kunden nicht honoriert werden und somit gegenüber dem Wettbewerb einen Kostennachteil darstellen. Ein ganzheitlicher Ansatz, mit dem Strategien und Anforderungen direkt und funktionsübergreifend entwickelt werden, ist für Unternehmen daher in hohem Maße erfolgskritisch. Angesichts beschleunigter Innovationen und immer kürzer werdender Produktlebenszyklen kommt es zudem immer mehr auf die Geschwindigkeit an, mit der Hersteller in der Lage sind, ihre Produktkosten dynamisch anzupassen.

KOSTENBETRACHTUNG MUSS UNTERSCHIEDLICHE PERSPEKTIVEN VEREINEN

Genau hier setzt das Value & Cost Engineering (VCE) an. Dabei handelt es sich um einen systematischen, crossfunktionalen Ansatz mit dem Ziel, das Verhältnis von Produktfunktionen (Kundennutzen) und -kosten zu optimieren und dadurch den Wert des Produkts zu steigern. Dieser kann durch die Verbesserung von Funktionen und/oder die Reduzierung von Kosten positiv beeinflusst werden.

Dazu werden zunächst die Anforderungen der Kunden in den adressierten Zielmärkten geklärt und anschließend die passenden Produktfunktionen definiert, die in der Lage sind, sie zu erfüllen. Darauf aufbauend kommen Kostenmanagementmethoden zum Einsatz, die im Rahmen eines dualen Ansatzes – Top-down und Bottom-up – die bestmöglichen Kosten ermitteln. Beim Topdown-Ansatz werden ausgehend vom erzielbaren Verkaufspreis die erforderlichen Herstellkosten abgeleitet, der Bottom-up-Ansatz hingegen zeigt die idealen Herstellkosten auf. Durch die Hinzunahme der Ist-Kosten werden so die Kostendeltas sichtbar.

ABNEHMENDE KOSTEN-BEEINFLUSSBARKEIT IM PRODUKTLEBENSZYKLUS

Zur Beeinflussung der Herstellkosten können dabei grundsätzlich verschiedene Ansatzpunkte entlang des gesamten Produktlebenszyklus herangezogen werden: angefangen vom Funktionsumfang über die Produktionstechnologien bis hin zu den Lieferanten. Dabei gilt: Je später die Maßnahmen zur Produktkostenoptimierung greifen, desto geringer sind die Beeinflussbarkeit dieser Kosten und damit die Einsparpotenziale. Grundsätzlich lassen sich entlang des Produktlebenszyklus drei Ansatzpunkte für die VCE-Maßnahmen unterscheiden (vgl. Abb. 1).

1 . VCE-QUICK-WIN-KOSTENSENKUNG

VCE-Quick-Win zielt auf die unmittelbare Anpassung der Kostenstrukturen von bereits serienreifen Produkten ab (Re-Design). Dabei setzt es auf praxisbewährte Hebel zur Beeinflussung von Herstellkosten, wie etwa Lieferantenworkshops, Should-Costing-Analysen oder crossfunktionale Cost-out Workshops inklusive Teardowns, die Potenzial für schnelle Kostensenkungen bieten (vgl. Abb. 2). Um schnelle und messbare Ergebnisse zu generieren, folgt der VCE-Quick-Win-Ansatz dabei einem strukturierten Implementierungsplan mit klaren Regeln zur Auswahl und Priorisierung der umzusetzenden Maßnahmen (vgl. Abb. 3). Dadurch wird eine maximale Effektivität der durchgeführten Maßnahmen sichergestellt.

2. VCE-END-TO-END-ANSATZ

Im Vergleich dazu setzt der VCE-End-to-End-Ansatz bereits bei der Spezifizierung der Kundenanforderungen an und beschreibt durchgehende Maßnahmen zur kompletten Neuentwicklung (Greenfield Development) eines Produkts oder einer Produktlinie bis hin zur Minimierung der Materialkosten im After-Sales-Bereich (einschließlich Entsorgung). Vier Elemente sind dabei entscheidend für den Erfolg des End-to-End-Ansatzes:

  • ein tiefgreifendes Verständnis der Zielmärkte und Kundenanforderungen zur Bewertung der Produktvarianten
  • die Ableitung von passenden Produktfunktionen zur Erfüllung der Kundenanforderungen inklusive einer Kostenbewertung
  • die optimale Gestaltung der dahinterliegenden Wertschöpfungskette unter Berücksichtigung von Make-or-buy-Szenarien, optimierten Produktionsnetzwerken, der Integration lokaler F&E-Kompetenzen sowie eines artgenauen Lieferantenportfolios und der Logistik
  • Konzepte und Methoden zur optimalen Planung und schnellen Anpassung von Marketing- und Pricing-Aktivitäten

Um über alle Phasen eine optimale Wert- und Kostenstruktur sicherzustellen, greift der VCE-End-to-End-Ansatz dabei auf ein umfassendes Tool-Kit aus bewährten VCE- und Procurement-Methoden zurück (vgl. Abb. 4).

3. VCE-ORGANISATION

Neben Ansätzen, die auf das Neu- bzw. Re-Design der Kostenstrukturen einzelner Produkte bzw. Produktlinien abzielen, umfasst der Aufbau einer VCE-Organisation die Entwicklung und Integration von VCE-Maßnahmen in den Produktentstehungsprozess (PEP) sowie eine umfassende Befähigung der Mitarbeiter in der Organisation, um eine nachhaltige Kosten- und Wertoptimierung sicherzustellen.

VON DYNAMISCHER PREISBILDUNG ZUR PERMANENTEN PRODUKTKOSTENOPTIMIERUNG

Die zunehmende Dynamik volatiler Industriemärkte zwingt Unternehmen immer mehr, ihre Produktkosten laufend anzupassen. Nur wer über geeignete Instrumente verfügt, um die Kostenstrukturen des eigenen Produktportfolios permanent zu überprüfen, und über Hebel zur effektiven Senkung der Herstellkosten verfügt, wird in der High-Speed-Logik moderner Industriemärkte überleben. Der VCE-Ansatz von ROI liefert vor diesem Hintergrund ein wirksames Werkzeug, um zu allen Zeitpunkten des Produktlebenszyklus eine wirksame und v.a. schnellgreifende Anpassung der Produktkosten zu ermöglichen: vom Quick Win zur Reduzierung der Herstellkosten über eine End-to-End-Entwicklung von marktoptimierten Neuprodukten bis hin zum Aufbau einer VCE-Organisation, die eine nachhaltige VCE-Optimierung zu jeder Zeit des Produktentstehungsprozesses sicherstellt. Gerade vor dem Hintergrund immer kürzer werdender Produktlebenszyklen und eines aggressiven globalen (Preis- und Qualitäts-)Wettbewerbs werden diese Maßnahmen zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor.