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„Der Manager der Zukunft wird ein Ingenieur der sozialen Systeme sein.”

Experte:    Zuzana Halasova, International Expert, ROI-EFESO   |   14.09.2023   |   Teilen auf in

 

Die fortschreitende Entwicklung von KI-Technologien verändert viele Arbeitsbereiche rapide. Übernehmen Software-Bots bald auch Führungsaufgaben?

Zuzana Halasova: Bereits 2014 zeigte ein Experiment am MIT, dass Mitarbeiter nicht nur produktiver sein können, sondern sich sogar wohler fühlen, wenn sie Befehle von Maschinen erhalten (1). Was unter Laborbedingungen gut funktioniert, stellt sich im Arbeitsalltag aber schon wieder ganz anders dar. Hier ist der Management-Einsatz von Bots schwer prognostizierbar, denn er hängt von mehreren Faktoren ab: etwa von neuen Technologien, organisatorischen Anforderungen und vom Reifegrad der Digitalisierung in der Branche und dem Unternehmen.

Da sich KI- und Automatisierungstechnologien ständig weiterentwickeln, können wir aber mit einer schrittweise erfolgenden Integration von Bots und KI-Systemen in unterschiedliche Führungsaufgaben rechnen. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, diese Fortschritte zu beobachten – und zu bewerten, wie sie mit den spezifischen Anforderungen und der Dynamik ihrer Organisation und Branche zusammenpassen.

Genau das ist ja eine typische Managementaufgabe. Wie lässt sie sich meistern?

Zuzana Halasova: Das ist sowohl eine Frage der Fähigkeiten als auch des Mindsets, mit dem man dieser Entwicklung begegnet. Neben dem schon genannten Punkt, sich ständig über die Fortschritte von KI- und Automatisierungstechnologien zu informieren, sollte man die damit einhergehenden Veränderungen mit Neugier und einem wachstumsorientierten Denken betrachten.

Wer proaktiv mit KI-Tools in den bereits vorhandenen Arbeitsprozessen experimentiert, lotet so auch deren Potenziale und Grenzen aus. Bereits diese Erfahrung liefert wertvolle Erkenntnisse für eine spätere, effektive Integration von Technologien. Das funktioniert umso besser, wenn man über solide digitale Kompetenzen verfügt. Hierzu zählen etwa ein gutes, generelles Verständnis von Datenanalyse, maschinellem Lernen sowie der Funktionsweise von KI-Systemen. Aber auch ein geschärftes Bewusstsein für Sicherheits- und ethische Aspekte ist nicht zu vernachlässigen.

Sehr wichtig ist auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle als Führungskraft. Während KI viele technische Aufgaben erledigt, nimmt die Bedeutung menschlicher Fähigkeiten wie emotionale Intelligenz, Empathie, Kreativität, Kommunikation und Konfliktmoderation weiter zu. Der Manager der Zukunft wird daher in erster Linie ein Ingenieur der sozialen Systeme sein.

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(1) Quelle: https://news.mit.edu/2014/want-happy-worker-let-robots-take-control

Welche Aufgaben würden Sie an einen KI-Bot delegieren?

Zuzana Halasova: Viele administrative Tätigkeiten wie Reportings, Terminverwaltungen, Übersetzungen erledigen digitale Assistenten bereits ebenso verlässlich wie die Überwachung von Routineprozessen. Hier sind bereits adaptierbare, kostengünstige Tools verfügbar, die sich mit geringem Aufwand in die IT-Infrastruktur von Unternehmen integrieren lassen.

Sehr viel Potenzial sehe ich noch beim Thema Kompetenzmanagement. Hier sollten Führungskräfte die Technologie nutzen, um personalisiertes Lernen zu etablieren und so die Qualifikationen und Leistungsfähigkeit der Belegschaft in Summe zu steigern.

Wie könnte das funktionieren? Bitte schildern Sie uns ein Beispiel.

Zuzana Halasova: Ein spannendes Szenario ist die Weiterentwicklung von Lernmanagementsystemen. Dort kann ich mir die Integration von Bots sehr gut vorstellen – etwa, um automatisch mehrere Ergebnisse zu analysieren: welche Kompetenzen haben die bzw. der Mitarbeiter in einem Projekt angewandt? Wie sind sie methodisch vorgegangen? Wie spiegelt sich das in der Qualität ihrer Arbeit wider?

Daraus könnte der Bot nun ein personalisiertes Kompetenzprofil für den Mitarbeiter erstellen, in dem Stärken und Verbesserungsoptionen hervorgehoben werden. Und im gleichen Schritt die passenden Schulungsmodule, Kurse oder Workshops vorschlagen, mit denen sich der Mitarbeiter weiterbilden kann. Das ließe sich dann auch mit Daten über anstehende Projekte oder Kooperationen verbinden, so dass der Bot den oder die dazu ideal qualifizierten Mitarbeiter bereits „vorausschauend“ empfehlen könnte. Für Führungskräfte ist eine derartige digitale Unterstützung sehr wertvoll, da sie – wie in diesem Szenario – viele HR-Aufgaben auf der Ebene des einzelnen Mitarbeiters übernimmt.

Wo sehen Sie speziell in der Industrie weitere Ansatzpunkte für Verbesserungen?

Zuzana Halasova: Ganz klar in der Nutzung von „Big Data“. Zum Beispiel bei der Weiterentwicklung von Footprint-Strategien – hier wollte einer unserer Kunden datengestützt die für ihn ideale Standortwahl treffen. Wir entwickelten mit dem Unternehmen ein Modellierungssystem, das eine sehr große Varianz an Optionen berücksichtigt: welche Szenarien für die Fertigungsplanung existieren? Wo können sich die Produktionsstandorte befinden? In welcher Größenordnung? Welche Technologien sind zur Vernetzung wo platziert? Wie „matched“ das mit Lieferanten und den Lieferketten?

Ein Management-Team kann diese und viele weitere Parameter nun in einem Raum oder einer Online-Konferenz anschauen und noch im Meeting grundlegende Entscheidungen treffen. Das ist Welten von der klassischen Szenario-Planung entfernt und zeigt, mit welcher Dynamik sich die Industrie hier weiterentwickeln wird.

"KI-Bots können das personalisierte Lernen verbessern."

 

Über Zuzana Halasova

Zuzana Halasova ist bei ROI-EFESO im Bereich „Transformation & Leadership“ tätig. Sie unterstützt weltweit vertretene Unternehmen bei der Operationalisierung von Veränderungen: u.a. im Kontext von Lean / Six Sigma-Einführungen, bei der Entwicklung der Organisationskultur oder der Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter.