„3D-Druck birgt nahezu unendliche Möglichkeiten...“

Interview mit Christian Kirner, Geschäftsführer Operations (COO), EOS GmbH

DIALOG: Herr Kirner, die Additive Fertigung wird zu den vielversprechendsten Zukunftstechnologien überhaupt gezählt. EOS ist bereits seit mehr als 25 Jahren auf dem Markt. Was sind die wichtigsten Gründe dafür, dass die Additive Fertigung in den letzten Jahren eine so enorme Aufmerksamkeit gewonnen hat?

CK: Nachdem die Technologie in den ersten 20 Jahren vor allem im Prototypenbau eingesetzt wurde und dort die Produktentwicklung erheblich beschleunigte, hat sie heute einen Reifegrad erreicht, der es Kunden ermöglicht, Endteile in Serie herzustellen. Weltweit führende Unternehmen und DAX-Konzerne haben vor circa fünf Jahren damit begonnen, die Technologie für die Vorserie zu qualifizieren. Mittlerweile gibt es schon die ersten echten Serienanwendungen, so etwa in der Luft- und Raumfahrt oder in der Medizin. Zusammen mit dem generellen Hype der letzten Jahre rund um das Thema „3D-Druck“ ist die Aufmerksamkeit für unsere Technologie massiv und kontinuierlich gestiegen.

DIALOG: Was waren in den vergangenen 25 Jahren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Meilensteine in der Entwicklung der 3D-Technologie?

CK: Wir können hier selbstverständlich nur für uns sprechen, da es schwierig ist, bei einem derart diversifizierten Markt von „dem einen 3D-Druck“ zu sprechen. Es gab viele Meilensteine in unserer Firmengeschichte, die uns geholfen haben, den nächsten Schritt zu gehen: der erste große Kunde BMW – den EOS damals noch mit einem Stereolithographie-System belieferte – und die Empfehlungen an andere Firmen, die daraus folgten; die Entscheidung, sich von der Stereolithographie zu verabschieden und nur noch auf den qualitativ hochwertigeren pulverbasierten Laser-Sinter-Prozess zu setzen; die Entscheidung, neben dem Kunststoffprozess auch den Metallprozess zu entwickeln. Und schließlich der Schritt in die Serienanwendungen, der heute vor allem auf Metallwerkstoffen basiert.

DIALOG: Was sind heute die größten Hürden für eine wirklich tiefgreifende Proliferation der Technologie und was können die Hersteller tun, um diese Hürden abzubauen?

CK: Die größten Hürden sehen wir derzeit vor allem beim Thema Wissensaufbau auf Kundenseite. Unsere Technologie ist immer noch vergleichsweise jung. Der Kunde muss idealerweise viele Entscheidungen im Vorfeld treffen, damit unsere Technologie am Ende für ihn einen echten Mehrwert erzielt: Was ist das richtige Bauteil bzw. die richtige Anwendung für den Einsatz der EOS-Technologie? Welche Konstruktionsrichtlinien müssen beachtet werden, will man alle Freiheitsgrade der Additiven Fertigung optimal ausnutzen? Was muss sich in einem Unternehmen organisatorisch ggf. ändern? Wie verändern sich eventuell beim Kunden Geschäftsmodelle auf Basis der Technologie? Und schließlich müssen vor allem die Maschinenbediener optimal ausgebildet werden und Know-how aufbauen, um auf Basis dieser Zukunftstechnologie hochqualitative Bauteile herzustellen. Denn die Additive Fertigung bleibt hochkomplex, ein Bauteil ist nicht einfach auf Knopfdruck erstellt. Bei all diesen Themen unterstützt EOS seine Kunden mit umfangreichen Beratungsleistungen.

 

„Die Additive Fertigung bleibt hochkomplex, ein Bauteil ist nicht einfach auf Knopfdruck erstellt.“

 

DIALOG: Unternehmen wie „Local Motors“ zeigen, dass selbst die Automobilindustrie durch den 3D-Druck neu gedacht werden kann. Glauben Sie, dass die Verbreitung des 3D-Drucks industrielle Wertschöpfungsketten in den nächsten Jahren umfassend verändern wird?

CK: Schon heute verändert die Additive Fertigung bei vielen Anwendungen die Art und Weise, wie konstruiert und gefertigt wird. In den nächsten Jahren wird es im Zuge der Digitalisierung der Produktion eine zunehmende Integration von konventionellen und Additiven Verfahren geben. Hier wird dann nicht nach dem Ausschlussverfahren eine Technologie durch die andere ersetzt, sondern vielmehr das Beste aus beiden Welten für eine bestmögliche Zielerreichung eingesetzt. Damit wird die Additive Fertigung die Möglichkeiten der industriellen Wertschöpfung bereichern und erweitern.

DIALOG: Wo geht die Reise bei EOS hin, welche strategische Ausrichtung verfolgen Sie für die nächsten Jahre?

CK: Im Zuge der EOS-Strategie, Additive Fertigungsverfahren in allen Industriesparten einzuführen, haben wir zum Beispiel ein wegweisendes Metall-System entwickelt, die EOS M 400-4 Plattform. Das System ist die perfekte Ergänzung für unser Systemportfolio für den industriellen Einsatz. Es sprengt die bisherigen Fertigungsgrenzen, da es die höchsten Anforderungen unserer Industriepartner in Sachen Effizienz, Skalierbarkeit, Benutzerfreundlichkeit und Prozessbeobachtung erfüllt. Und mehr noch: Da es sich bei dem System um eine modulare, für den industriellen 3D-Druck ausgelegte Plattform handelt, lässt es sich in bestehende Produktionsumgebungen integrieren und ist gleichzeitig auf zukünftige Innovationen beim Kunden ausgelegt.

DIALOG: Sie selbst begleiten und beobachten seit Jahrzehnten weltweit die technologischen Trends. Was bedeutet für Sie persönlich der 3D-Druck? Was fasziniert Sie daran?

CK: Ich sehe das Potenzial, das die Additive Fertigung bietet, als wirklich enorm an: 3D-Druck birgt nahezu unendliche und heute noch unbekannte Möglichkeiten, unser Leben besser und nachhaltiger zu gestalten. Im Rahmen von Industrie 4.0 und dem Internet of Things (IoT) wird der 3D-Druck mittelfristig Teil eines historischen Meilensteins nicht nur für die Industrie, sondern letztlich die Gesellschaft insgesamt sein. Die Technologie und ihre Vorteile werden in unserem Denken und Handeln fest verankert sein, wie heute das Smartphone und der 2D-Drucker.

 

„In den nächsten Jahren wird es im Zuge der Digitalisierung der Produktion eine zunehmende Integration von konventionellen und Additiven Verfahren geben.“
 

Über EOS

EOS ist der weltweite Technologie- und Qualitätsführer für High-End-Lösungen im Bereich der Additiven Fertigung (AM). Das Unternehmen ermöglicht seinen Kunden, hochqualitative und innovative Produkte auf Basis von industriellem 3D- Druck herzustellen. Bereits 1989 gegründet, ist EOS Pionier und weltweit führend im Bereich des Direkten Metall-Laser-Sinterns (DMLS), gleichzeitig auch Anbieter einer führenden Polymertechnologie.
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