Zièd Bahrouni ist Gründer und Geschäftsführer der Motius GmbH. Mit seinem multidisziplinären Team hilft er Unternehmen, zukunftsweisende Technologien frühzeitig in R&D zu nutzen – und investiert in Industrie-Startups.
Herr Bahrouni, beim INDUSTRIAL FUTURE DAY werden Sie Wege aufzeigen, wie Unternehmen zukunftsrelevante Technologien identifizieren und adaptieren können, um Prozesse zu optimieren und das Business weiterzuentwickeln. Wie trägt Motius dazu bei, und was sind die Besonderheiten Ihres Ansatzes?
Zièd Bahrouni: Der Suchraum für relevante Technologien hat sich für Unternehmen dramatisch erweitert. Ein Automobilhersteller zum Beispiel musste in der Vergangenheit nur einige Entwicklungen im Bereich der Fahrzeugtechnik im Blick behalten. Das hat sich grundlegend geändert. Heute kann nahezu jede neue Technologie potenziell geschäftsrelevant sein. Zudem entwickelt sich der Technologieraum ständig weiter. Es reicht nicht mehr, einmal einen Überblick zu erstellen, man muss kontinuierlich am Ball bleiben.
Hier setzen wir an und helfen unseren Kunden, die vielversprechendsten Technologien frühzeitig zu integrieren. Unser Kernteam besteht aus 100 festen Mitarbeitenden. Es wird ergänzt durch einen dynamischen Pool von über 900 Experten. Darunter sind unter anderem Forscher, Doktoranden und Entwickler, viele davon mit einem technischen Hintergrund. So können wir das Know-How und die Flexibilität bereitstellen, die Unternehmen brauchen, um auf der Höhe der technologischen Entwicklungen zu bleiben.
Zu unseren Kunden zählen etwa zwei Drittel der DAX-Konzerne und viele mittelständische Unternehmen. Unsere Tätigkeiten lassen sich in zwei Kategorien einteilen: Zum einen helfen wir, Produktivität zu steigern, typischerweise durch Automatisierung, Robotik und KI. Zum anderen unterstützen wir die Entwicklung von Produkten, die durch neue Technologien möglich werden, und bringen diese zur Marktreife. Unser Mehrwert liegt darin, dass wir Lösungen entwickeln und umsetzen, von der Software über den Einsatz der Hardware bis zur Optimierung des Gesamtsystems. Das unterscheidet uns von reinen Beratungsgesellschaften und Technologie-Scouts.
Können Sie uns Beispiele für Projekte und Mehrwerte nennen, die Sie mit Ihren Kunden realisieren?
ZB: Im hochpräzisen Produktionsprozess eines Kunden aus der Luft- und Raumfahrtindustrie zum Beispiel muss jede Komponente bis zu 15-mal identifiziert werden, um Rückverfolgbarkeit, Qualitätskontrolle und die Einhaltung regulatorischer Vorgaben zu gewährleisten. Bisher wurde dies manuell mit Lupen und spezieller Beleuchtung durchgeführt. Das war zeitaufwändig, fehleranfällig und belastend für die Mitarbeitenden.
Wir haben eine KI-gestützte Smartphone-App entwickelt, die Seriennummern auch unter schwierigen Bedingungen zuverlässig erkennt. Ergänzend dazu haben wir ein maßgeschneidertes Smartphone-Aufsatzmodul designt, eine Edge-basierte KI-Inferenz implementiert und Drittanbietersysteme integriert. Um das System zu optimieren, haben wir tausende Variationen mit synthetischen Trainingsdaten simuliert und so die Genauigkeit auf annähernd 100 Prozent gesteigert. Dadurch konnte der Kunde die Rückverfolgbarkeit seiner Produkte optimieren, die Belastung der Mitarbeitenden verringern und die Effizienz deutlich steigern. Pro Jahr konnten über 300 Arbeitstage eingespart werden.
Unseren Kunden Hilti haben wir bei der Verbesserung der Qualitätssicherung unterstützt. Die wesentlichen Herausforderungen waren die komplexe Fertigungsumgebung, in der mehrere voneinander abhängige Indikatoren die Qualität bestimmen, sowie die Erkennung von Fehlern, die für das menschliche Auge kaum sichtbar sind. Wir haben eine KI-Lösung entwickelt, die den Prozess und die Qualität überwacht und den Mitarbeitenden an der Produktionslinie direkt die notwendigen Informationen liefert. Das System hilft auch dem Qualitätsmanagement, gezielte Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen einzuleiten. So konnte Hilti die Fehlerquote und die Fehlerkosten um 15 Prozent reduzieren.
„Heute kann nahezu jede neue Technologie potenziell geschäftsrelevant sein.“
Welche Herausforderungen beobachten Sie aktuell im Markt und wie können Unternehmen diesen technologisch begegnen?
ZB: Derzeit sehen wir Tendenzen hin zu einer de-globalisierten, stärker fragmentierten Welt, beispielsweise in Form von steigenden Zölle in den USA. Für exportorientierte Unternehmen bedeutet das, dass sie verstärkt in den Zielmärkten produzieren müssen. Doch das lässt sich nicht einfach durch den Transfer bestehender Fabrikstrukturen lösen. Die Herausforderung ist die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte, wie ausgebildete Produktionstechniker und ein erfahrenes Mittelmanagement. Um Qualität und Produktivität auch unter veränderten Bedingungen sicherzustellen, brauchen Unternehmen technologische Effizienz und automatisierte Prozesse.
Ein ähnliches Phänomen beobachten wir im Bereich Heavy Machinery, zum Beispiel bei Kränen, Baggern und Mining-Equipment. Das Durchschnittsalter der Maschinenführer liegt bei über 50 Jahren, und der Fachkräftemangel verschärft sich weiter. Auch hier sind autonome oder fernoperierbare Maschinen die einzige nachhaltige Lösung.
Bitte geben Sie uns noch einen kurzen Ausblick auf Ihren Vortrag beim INDUSTRIAL FUTURE DAY 2025. Worauf dürfen sich die Teilnehmer freuen?
ZB: Wir glauben, dass die Industrie und insbesondere die kleineren Technologieunternehmen der Wachstumsmotor in der DACH-Region sind und es weiterhin bleiben werden. Darum haben wir parallel zu Motius einen Venture Capital Fonds ins Leben gerufen, der eine Brücke zwischen mittelständischen F&E-Aktivitäten und der Startup-Welt schlagen wird. Aus dieser Perspektive werden wir Fallbeispiele von F&E-Projekten in Konzernen und mittelständischen Unternehmen vorstellen und deren konkreten Mehrwert aufzeigen sowie Erfolgsgeschichten von industriellen Start-ups und Spin-offs präsentieren.
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Erfahren Sie beim INDUSTRIAL FUTURE DAY 2025 von Zièd Bahrouni, wie Unternehmen zukunftsrelevante Technologien identifizieren und frühzeitig in R&D integrieren.
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