Mehr als die Hälfte des Umsatzes erzielen wir mit Produkten, die jünger als drei Jahre sind

DIALOG: Wie wichtig sind Innovationen für Ihren Unternehmenserfolg?
NS: Innovationen sind für uns nicht wichtig, sie sind essentiell. Wir handeln nach einer klaren Strategie: Mit unseren drei großen Geschäftsfeldern Sinterformteile, Gleitlager und Reibbeläge agieren wir nur in ganz klar definierten Marktsegmenten. Und zwar in jenen, in denen wir uns über Technologieführerschaft ein Alleinstellungsmerkmal erarbeiten und dort eine dominante Marktposition erreichen können. In diesen Segmenten allerdings wollen wir dann global aufgestellt sein. Die gleiche Strategie ‚Technologieführer in ausgewählten Marktsegmenten‘ verfolgen wir auch in unseren neuen Aktivitäten in der Coating Group und der New Technologies Group. Einen Beleg für die Bedeutung von Innovationen liefert ein Blick auf unsere Produktpalette. In unserem Werk Vorchdorf erzielen wir mehr als die Hälfte des Umsatzes mit Produkten, die jünger als drei Jahre sind. Im Jahr 2011 lag Miba an sechster Stelle bei den Patenteinreichungen in Österreich.

DIALOG: Herr Dr. Schrüfer, Effizienz hängt entscheidend von organisatorischen Rahmenbedingungen ab. Worin sehen Sie Eckpunkte für eine effiziente Organisation?
NS: Die wesentlichen Voraussetzungen sind in unseren Unternehmenswerten abgebildet: Neben ‚Technological Leadership‘ sind dies ‚Entrepreneurship‘, ‚Passion for Success‘ und ‚Lifelong Learning‘. Von diesen Unternehmenswerten abgeleitet haben wir ‚Leadership Principles‘ definiert, die klar beschreiben, wie wir uns gute Führung vorstellen. Neben so scheinbar offensichtlichen Themen wie ‚Respect‘ gehören auch ‚Delegating Responsibility‘, ‚Performance Commitment‘ und ‚Execution‘ dazu. Neben diesen eher ‚weichen‘ Themen ist die Aufbauorganisation klar prozessorientiert und unterstützt so die wertschöpfenden Tätigkeiten im Unternehmen. Entlang der Wertschöpfungskette sind Kenngrößen definiert, anhand derer wir die Performance einzelner Abteilungen messen können.

„Entlang der Wertschöpfungskette sind Kenngrößen definiert, anhand derer wir die Performance einzelner Abteilungen messen können.”

DIALOG: Wo sehen Sie noch Ansätze für Verbesserungen Ihrer Ergebnisse? Eher im Produkt oder im Prozess?
NS: Sowohl als auch. Unsere Kunden stellen uns immer wieder vor neue Herausforderungen. Themen wie ‚fuel efficiency‘, ‚alternative Antriebe‘, etc., verlangen neue Lösungen, die wir zusammen mit unseren Kunden entwickeln. Darüber hinaus kann Prozessoptimierung nie abgeschlossen sein. Wir haben eine sehr hohe Wertschöpfungstiefe und können somit viele Stufen des Fertigungsprozesses selbst beeinflussen. Dabei verfolgen wir zwei Ansätze: Der erste Ansatz ist Effizienz, also beispielsweise Entwicklung und Fertigung verschwendungsfrei zu organisieren. Effizienzsteigerungsprogamme haben wir schon mehrfach durchgeführt, daher ist der zweite Aspekt für uns in der letzten Zeit fast noch wichtiger geworden. Dabei geht es um Effektivität, also die richtigen Dinge zu tun. Dazu gehört beispielsweise eine regelmäßige Portfolioanalyse.

DIALOG: Innovation und Technologieführerschaft sind letztlich eine Frage des Know-hows. Haben Sie Kernbereiche definiert, in denen Sie das Know-how auf jeden Fall ‘in-house‘ halten?
NS: Ja, wir haben in jedem unserer Geschäftsbereiche eine Technologiematrix aufgestellt und uns gefragt: Was ist für uns wichtig? Vereinfacht gesagt: Es ist immer die Kombination von Material und Verfahren. Denn in der Regel erzielt man die größten Verbesserungen, wenn man sowohl Verfahren als auch Materialien modifiziert. Beim Sintern beispielsweise geht es im Wesentlichen um die Fragen: Welche Legierung verwende ich? Wie kann ich diese Legierung am effizientesten und am genauesten zu einem Grünling verpressen? Welche Art von Ofen und welche Temperaturführung benötige ich, um die notwendigen Dichten und Festigkeiten zu erzielen? Das hört sich alles relativ einfach an, aber im Detail steckt sehr viel Know-how und sehr viel Entwicklungsarbeit dahinter. Die wesentlichen Kernprozesse halten wir daher ‚in-house’.

DIALOG: Wo liegt für Sie der optimale Weg zwischen Prozessorientierung und Funktionsorientierung?
NS: Wie schon gesagt, wir versuchen unsere Aufbauorganisation so eng wie möglich nach unseren Kernprozessen zu gestalten. Je nach Größe eines Standorts sind natürlich die Anforderungen an eine Organisationseinheit unterschiedlich. Während in einem großen Werk der Supply Chain Process in mehrere Teilprozesse
untergliedert ist und daher von mehreren Mitarbeitern getragen werden muss, lässt sich diese Art der Arbeitsteilung an einem kleinen Standort so nicht mehr abbilden. Hier muss ein Mitarbeiter mehrere Prozessschritte abdecken.

DIALOG: Sie sind in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Aber je größer und komplexer ein Unternehmen wird, umso mehr wächst der Abstimmungsaufwand. Konnten Sie ihre Entwickler davon freihalten?
NS: Im Wesentlichen ja. Wir sind davon überzeugt, dass jeder Geschäftsbereich eine eigene, für ihn passende Entwicklung haben soll, die engen Bezug zur jeweiligen Produktion haben muss. Wir haben daher keine zentrale Entwicklung ‚im Elfenbeinturm‘, sondern Spezialisten in den jeweiligen Geschäftsbereichen. Diesem Prinzip sind wir auch bei den Akquisitionen der letzten Jahre treu geblieben. Um Redundanzen zu vermeiden und um den Know-how Austausch zwischen den Entwicklern der unterschiedlichen Miba Businesses sicherzustellen, haben wir ein R&D Steering Commitee eingerichtet, in dem z. B. über Neuprojekte, Kongresse oder interessante Artikel berichtet wird. Das Gremium dient auch zur Abstimmung von einheitlichen Prozessen, beispielsweise bei Patenteinreichungen oder Förderungsansuchen. Darüber hinaus gibt es mehrmals im Jahr Veranstaltungen, bei denen wir die Entwickler der unterschiedlichen Geschäftsbereiche zum Informationsaustausch zusammen bringen. Des Weiteren monitoren wir im R&D Steering Committee, ob die Entwicklungspipeline in den unterschiedlichen Geschäftsbereichen gut genug gefüllt ist. Dazu haben wir ein Stage Gate Modell entwickelt und bewerten je Gate die laufenden Projekte mit dem erzielbaren Jahresumsatz. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass sich die gesamte Organisation um die kurz vor Serienstart stehenden Projekte kümmert, neue Ansätze, die erst in 3-5 Jahren Umsätze generieren werden, aber vernachlässigt.

„Des Weiteren monitoren wir im R&D Steering Committee, ob die Entwicklungspipeline in den unterschiedlichen Geschäftsbereichen gut genug gefüllt ist.”